Meilensteine
Künstliche Intelligenz ist ein bahnbrechender Katalysator für «Doing more with less».
«Niemand erwartet die spanische Inquisition», ist ein berühmtes Zitat der britischen Komikergruppe Monty Python.
Und kurz vor unserem 150-Jahr-Jubiläum wird uns wieder einmal bewusst, wie viele Lektionen aus der Vergangenheit noch heute von Bedeutung sind. Eine dieser Lektionen lautet, dass umfassende Veränderungen häufig ohne jede Vorankündigung auftreten. Deshalb kommt es darauf an, technologisch immer am Puls der Zeit zu sein, um von massgebenden Entwicklungen nicht überrascht und überrollt zu werden.
Die künstliche Intelligenz (KI) ist ein perfektes Beispiel dafür. 2023 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die generative KI alles verändert und sich aus den Forschungslabors in unser Alltagsleben aufgemacht hat. Auch wenn wir die genauen Auswirkungen dieser Technologie noch nicht vollständig erfassen können, gibt es schon erste Stimmen, die lautstark das Armageddon verkünden, weil sie befürchten, dass alle menschliche Arbeit durch Maschinen ersetzt wird. Dass es sich bei der KI um ein leistungsfähiges Tool mit einem enormen Potenzial handelt, steht ausser Frage, und deshalb muss dieses Tool auch mit den richtigen Kontrollmechanismen verwaltet und weiterentwickelt werden. Gleichzeitig wissen wir jedoch auch, dass alle grossen technologischen Veränderungen in der Vergangenheit von lautstarken Warnrufen begleitet worden sind.
Tatsache ist, dass die Menschheit bislang noch immer die Oberhand behalten und es verstanden hat, Innovationen für den gesellschaftlichen Fortschritt zu nutzen, selbst wenn das zuweilen auf anderen Wegen und mit anderen Mitteln erreicht wurde als ursprünglich vorgesehen. Und genau diese Entwicklung könnte sich derzeit auch schon im Bereich der generativen KI abspielen, während ihre echten Vorteile zunehmend in den Vordergrund rücken.
Im Gegensatz zu traditionellen Computersystemen basieren die grossen Sprachmodelle (large language models, LLMs) und generative KI auf datenbasierten Wahrscheinlichkeiten. Das führt dazu, dass diese LLMs einen Hang zur «Fantasie» haben und Ergebnisse liefern, die zwar hinsichtlich der statistischen Eingabekombinationen plausibel sind, aber kaum oder gar keinen Bezug zur Wirklichkeit haben.
Um dieses Risiko zu minimieren, ist es wichtig, menschliche Intelligenz im Prozess einzubinden. Oder anders ausgedrückt: KI-bedingte Existenzängste sind noch verfrüht. Denn es braucht nach wie vor Menschen, die das richtige Funktionieren dieser Modelle gewährleisten.
«2023 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die generative KI alles verändert hat.»
Aktuell gilt es, die Datenqualität und den effektiven Einsatz von KI zu maximieren, um das volle Potenzial dieser Technologie zu erschliessen. Werden diese Hindernisse aber erst einmal überwunden sein, wird sich die generative KI wahrscheinlich schneller als andere neue Technologien durchsetzen und dabei sogar die schnelle Umstellung auf die Cloud übertreffen, die gerade erst ein paar Jahre her ist. Die bereits vorhandene Infrastruktur in Kombination mit den Fortschritten bei den Mikroprozessoren der aktuellen Generation wird diese Entwicklung noch begünstigen.
Neueste Prognosen gehen davon aus, dass die exponentielle Einführung in signifikant steigende Investitionen im Zusammenhang mit der generativen KI münden wird, und zwar von aktuell weniger als einem Prozent des BIP bis auf über zwei Prozent im Jahr 2032.
Was dies im Hinblick auf neue «Killer-Apps» und weitere innovative Produkte wirklich bedeutet, lässt sich kaum vorhersagen. Mehr Klarheit herrscht beim Potenzial der Produktivitätssteigerung; dies zeigen die Unternehmen, welche die generative KI auf den Markt gebracht haben, eindrücklich auf.
Der Effizienzzuwachs beim Arbeiten mit der generativen KI liegt vor allem in der Automatisierung von sich wiederholenden Aufgaben, das können alle, die diese Technologie ausprobiert haben, wohl bestätigen. Kreatives Arbeiten bleibt aber nach wie vor Mitarbeitenden vorbehalten, die mit dem Einsatz von KI mehr Zeit haben, um sich um anspruchsvollere Themen zu kümmern.
Hiermit lässt sich auch die breite Akzeptanz der generativen KI erklären, die man schon in Testphasen in Unternehmen beobachten konnte.
Das Jahr 2024 wird zeigen, ob die generative KI am Ende wirklich revolutionär oder doch nur ein weiterer Schritt im Bereich der digitalen Entwicklung ist.
Klar ist allerdings jetzt schon, dass das Mantra «Doing more with less» plötzlich einen echten Katalysator hat, der Kostensteigerungen verlangsamt und somit Skalierungspotenziale in so vielen Unternehmen und Branchen, einschliesslich der unseren, eröffnet.
Bei Schindler können wir bereits erste Erfolge in Sachen Prozessoptimierung, neue Betriebsabläufe und Softwareentwicklung vorweisen. BuildingMinds, unser «Software as a Service»-Start-up, ist dabei Vorreiter, denn ein grosser Teil der dortigen Programmcodes ist bereits mithilfe von generativen KI-Tools erstellt worden.
Neue Technologien haben in unserer 150-jährigen Firmengeschichte immer eine wichtige Rolle gespielt. Auch diese Innovation sehen wir als einzigartige Chance und nehmen sie mit offenen Armen auf. Denn nur so konnte und kann ein Unternehmen aus der Zentralschweiz, einer Region ohne Millionenstädte und mit nur wenigen Hochhäusern, zu einem der weltweit führenden Anbieter von vertikaler Mobilität werden, die Städte sicher und nachhaltig in die Höhe wachsen lässt.
«Die Hauptaufgabe im Leben besteht einfach darin, die Dinge zu erkennen und zu trennen. Welche sind extern und welche liegen in meinem Einflussbereich … Wo schau ich dann nach Gutem und Bösem? Nicht bei externem, sondern bei dem, was ich beeinflussen kann.»
Epiktet, Diskurse, 2.5.4–5
Silvio Napoli
Präsident des Verwaltungsrates und CEO