São Paulo, Brasilien
First Ladies
Grossprojekte sind bei Schindler Brasilien meist in Frauenhand. Auch JK Square in São Paulo. Für diese beiden Türme ist noch ganz besondere Unterstützung aus der Schweiz angereist.
Marie war sechs Wochen unterwegs. Von Ebikon über den Atlantik bis São Paulo. Beim brasilianischen Zoll war wegen Formalitäten etwas Geduld nötig. Marie ist ein etwa 900 kg schwerer Roboter, ein hoch entwickeltes Technologietool, das in dieser Form nur Schindler für den Aufzugsbau verwendet. Er gehört zu Schindler R.I.S.E, zum Robotic Installation System for Elevators. Ausser Marie sind noch vier weitere Roboter auf Welttournee. Viktor Wyrsch, Trainer Global Fulfillment und Ausbildner der Monteure auf den Baustellen im Umgang mit ihnen, begleitete Marie auf der Reise im September 2023.
Ziel war das Prestigeprojekt JK Square. Der erste Einsatz für den Schindler R.I.S.E auf dem amerikanischen Kontinent. Engeform baut im Herzen des Viertels Itaim Bibi im Westen von São Paulo zwei Hochhäuser. Das grössere wird auf 26 Stockwerken 51 Wohnungen und 187 Hotelzimmer beherbergen, das kleinere auf 20 Stockwerken Büroräume. Dazu kommen fünf Untergeschosse, zwölf Ladengeschäfte und ein Helikopterlandeplatz auf dem Dach. In der Megacity São Paulo zirkulieren täglich zehn Millionen Fahrzeuge. Die Verkehrsstaus liessen die Geschäftsleute kreativ werden: Zu dringenden Meetings reisen sie bisweilen mit dem Helikopter an. JK Square ist nach Juscelino Kubitschek benannt, dem ehemaligen brasilianischen Präsidenten und Gründer der Hauptstadt Brasilia.
Marie unterstützte die Montage von vier Schindler-7000-Aufzügen. Der Roboter scannt die Struktur des Schachts, vermisst, bohrt Löcher an der richtigen Stelle, setzt danach die Ankerbolzen, damit der Aufzug im nächsten Schritt sicher installiert werden kann. Er macht das in dieser Phase des Prozesses automatisiert, hochpräzise, effizient und ohne Pause.
Auf der JK-Square-Baustelle wurden Marie und Instruktor Viktor Wyrsch von Giovana Ribeiro Zambrano, einer der sechs Grossprojekteleiterinnen bei Schindler Brasilien, erwartet. Sie überwacht die Montage der prestigeträchtigen Schindler-7000-Aufzüge und der 14 Aufzüge des Modells Schindler 5500. Giovana Ribeiro Zambrano koordiniert dafür die Mitarbeitenden auf der Baustelle – und zuhause ihre sechsjährigen Zwillinge. Wie ist das zu schaffen? Sie sagt: «Es ist ein Balanceakt, der meistens funktioniert.» Auf die Ankunft von Marie hat sie sich sehr gefreut: «Der Roboter macht den Job der Monteure attraktiver. Und er darf in der Nacht arbeiten.»
Nun kam Marie zum Einsatz. Viktor Wyrsch leitete seine brasilianischen Kollegen bei der Premiere an. Er verlangt einen sorgsamen Umgang mit Marie. Bevor der Roboter in den Schacht gebracht wird, muss er den Dimensionen entsprechend eingestellt werden. Dann kann er von den Schindler-Monteuren auf dem blauen Fahrgestell vor den Schacht geschoben und an ein Stahlseil mit einem massiven roten Haken gehängt werden, der von der Decke des Aufzugsschachtes baumelt. Der Roboter und sein Bohrarm gleiten vom Fahrgestell in den Schacht, das Stahlseil strafft sich, Marie schwebte für einen Moment zwischen Himmel und Abgrund. Das Robotersystem erklimmt den Schacht von unten nach oben und setzt auf seinem Weg die Ankerbolzen für die Schienenbügel und die Türbefestigungen. 28 Stunden benötigte Marie für die 96 Meter. Wie bei Schindler-Aufzügen und -Fahrtreppen können auch diese Daten aus der Ferne analysiert und können allfällige normative Abweichungen korrigiert werden.
Viktor Wyrsch arbeitet seit 1989 für Schindler und wurde dank seiner langjährigen Erfahrung früh beigezogen, als das Forschungs- und Entwicklungszentrum 2017 zusammen mit strategischen Partnern Schindler R.I.S.E zu entwickeln begann. Er sagt: «Ich werde auf den Baustellen immer nach den Vorteilen des Roboters gefragt. Die Antwort ist einfach: Er nimmt den Monteuren repetitive, monotone und körperlich anstrengende Arbeiten ab. Der Roboter lässt sich in 130 Meter hohen Blindschächten ohne Türen einsetzen, sein Einsatz macht die Arbeitsbedingungen sicherer und unsere Monteure können sich interessanteren Aufgaben widmen.»